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Hundebiss in Brandenburg
Dieser Artikel erläutert welche Probleme und Tücken die Hundehalterverordnung Brandenburg mit sich bringt, wenn nach einem Hundebiss der eigene Hund als „Schädiger“ in den Fokus eines verwaltungsrechtlichen Verfahrens tritt.
Was passiert, wenn sich das Ordnungsamt nach einem Hundebiss bei Ihnen meldet?
Die Hundehalterverordnungen und Hundehaltergesetze in Deutschland gehören zum sog. Gefahrenabwehrrecht. Es wird daher lediglich geprüft, ob von dem Hund eine Gefahr ausgeht. Die Frage nach „Schuld“ des Halters bzw. Hundeführers stellt sich dabei nicht bzw. rückt stark in den Hintergrund.
Die wichtigste Norm stellt bei einem Hundebiss der § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV Bbg (alle nachfolgenden Paragraphen sind solche der HundehV Bbg sofern nichts anderes benannt) dar. Darin heißt es:
§ 8 (Gefährliche Hunde)
(1) Als gefährliche Hunde im Sinne dieser Verordnung gelten: […] Nr. 2 Hunde, die als bissig gelten, weil sie einen Menschen oder ein Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein, oder weil sie einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben […]
Kenntnis erlangt die Behörde von dem Hundebiss, wenn der Geschädigte Hundehalter eine Anzeige beim Ordnungsamt / Polizei erstattet oder aufgrund einer Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung – sofern ein Mensch verletzt wurde – die Polizei den Vorfall an die Behörde weiterleitet.
Und in welcher Gemeinde / Stadt wohnen Sie?
Je nachdem in welcher Gemeinde Sie in Brandenburg leben, agieren die jeweiligen Ordnungsämter unterschiedlich.
Es gibt Gemeinden und Städte in Brandenburg, welche nach einem Vorfall beide Seiten und etwaige Zeugen anhören und anschließend über das weitere Vorgehen entscheiden. Dabei kann diese einen Bescheid / eine Ordnungsverfügung erlassen, welche einen Leinen- und/oder Maulkorbzwang beinhaltet oder den Hund als gefährlich i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 einstufen. Sollte dies der Fall sein können Sie sich als betroffener Hundehalter noch „freuen“, da Sie gegen eine solche Ordnungsverfügung Rechtsmittel (Widerspruch) einlegen können.
Andererseits gibt es Ordnungsämter (wie z.B. Oranienburg), welche zwar die Beteiligten anhören, aber anschließend keine Ordnungsverfügung erlassen, sondern im Falle einer Entscheidung gegen den „Schädigerhund“ feststellen, dass dieser gefährlich i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 ist.
Bei der vorbenannten Feststellung handelt es sich um eine gesetzliche Fiktion, welche nicht widerlegbar ist. Das heißt es reicht aus, wenn die Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Da es sich um eine gesetzliche Fiktion handelt, ist diese gerichtlich nicht überprüfbar. Daher ist weder ein Widerspruch noch Klage möglich.
Einige sehr wenige Gemeinden in Brandenburg führen keine Anhörung durch, sondern stellen sofort fest, dass der Hund gefährlich i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 ist. Ein Rechtsmittel (Widerspruch) ist in diesem Fall ebenfalls nicht möglich.
Eine rechtliche Überprüfung ist nur möglich, wenn das Ordnungsamt sich entschieden hat den Hund per Bescheid /Ordnungsverfügung als „gefährlich“ einzustufen. Ob eine rechtsmittelfähige Entscheidung vorliegt, erkennen Sie daran, wenn das Schreiben z.B. mit der Überschrift „Ordnungsverfügung“ betitelt wird. Ein sehr sicheres Anzeichen, dass Sie gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen können, ist der Hinweis (häufig) am Ende des Schreibens auf eine sog. Rechtsmittelbelehrung (z.B. […] können Sie gegen die Entscheidung binnen eines Monats Widerspruch einlegen […]).
Was passiert, wenn mein Hund als gefährlich eingestuft wurde?
Wird der Hund als gefährlich eingestuft, dann benötigen Sie eine Erlaubnis der Behörde zum weiteren Halten Ihres Hundes. Rechtsgrundlage ist dafür § 10, welcher ebenfalls die Voraussetzung benennt.
Wird die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes nicht erteilt, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, erfolgt eine Hundehalteruntersagungsverfügung nach § 5 Abs. 1. Der Hund ist dann abzugeben und wird bei Nichtbefolgen zwangsweise sichergestellt / beschlagnahmt.
§ 10 (Erlaubnispflicht)
(1) Wer einen gefährlichen Hund […] halten will, bedarf der Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde.
(2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- die antragstellende Person das 18. Lebensjahr vollendet hat,
- sie die erforderliche Sachkunde nach § 11 besitzt,
- keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 12 nicht besitzt,
- die dem Halten, der Ausbildung und dem Abrichten dienenden Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen eine verhaltensgerechte und ausbruchsichere Unterbringung ermöglichen,
- die körperliche Unversehrtheit von Menschen und Tieren nicht gefährdet wird,
- die antragstellende Person, soweit diese das Halten eines gefährlichen Hundes beantragt hat, ein berechtigtes Interesse daran nachweist; ein berechtigtes Interesse an dem Halten eines gefährlichen Hundes kann insbesondere vorliegen, wenn das Halten der Bewachung eines besonders gefährdeten Besitztums dient, und
- die antragstellende Person den Nachweis des Bestehens einer Haftpflichtversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erbringt.
(3) Die Erlaubnis kann befristet und unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Die Erlaubnis zum Halten ist mit der Auflage zu versehen, den Hund dauerhaft mit Hilfe eines Mikrochip-Transponders gemäß ISO-Standard zu kennzeichnen; darüber hinaus soll die Auflage erteilt werden, den Hund zu kastrieren oder zu sterilisieren. Auflagen können auch nachträglich aufgenommen, geändert oder ergänzt werden. Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass eine der Voraussetzungen des Absatzes 2 bei der Erteilung nicht vorgelegen hat oder eine Voraussetzung nach der Erteilung der Erlaubnis entfallen ist. Sie ist insbesondere zurückzunehmen, wenn der Versicherungsschutz nach § 1 Abs. 4 nicht mehr besteht.
Welche Pflichten hat der Halter eines gefährlichen Hundes i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2?
Neben der Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes sind noch weitere Verpflichtungen zu erfüllen.
So muss ein Grundstück ausbruchsicher gestaltet werden und an allen Grundstückszugängen deutlich sichtbare Warnschilder mit der Aufschrift „Vorsicht gefährlicher Hund!“ oder „Vorsicht bissiger Hund!“ angebracht werden (§ 1 Abs. 2). In Mehrfamilienhäusern darf ein gefährlicher Hund nur gehalten werden, wenn unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse sichergestellt ist, dass Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden (§ 1 Abs. 3).
Eine Haftpflichtversicherung ist für einen gefährlichen Hund abzuschließen (§ 1 Abs. 4). Ein gefährlicher Hund i.S.d. § 8 Abs. 1 muss am Halsband eine rote Plakette deutlich sichtbar tragen (§ 2 Abs. 3).
Gefährliche Hunde dürfen nur von Personen geführt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 12 besitzen und den Nachweis der erforderlichen Sachkunde nach § 11 erbracht haben (§ 2 Abs. 1). Zudem darf ein gefährlicher Hund nicht gleichzeitig mit einem oder mehreren anderen Hunden geführt werden (§ 2 Abs. 2). Der Hundeführer muss die Erlaubnis nach § 10 mit sich führen und auf Verlangen der zuständigen Behörden aushändigen (§ 2 Abs. 4).
Ein gefährlicher Hund ist außerhalb des befriedeten Besitztums ständig an einer höchstens zwei Meter langen und reißfesten Leine zu führen (§ 3 Abs. 1) und diesem ist ein Maulkorb anzulegen (§ 3 Abs. 3). In Hundeauslaufgebieten besteht zwar keine Leinenpflicht, aber der Maulkorb muss weiterhin angelegt bleiben (§ 3 Abs. 2).
Die Gemeinden können im Rahmen ihrer jeweiligen Hundesteuersatzung frei entscheiden, ob sie einen Hund, der als „gefährlich“ gilt mit einem erhöhten oder dem normalen Steuersatz belegt. Ob die Gemeinde von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht ausschließlich in deren Ermessen. So beträgt die jährliche Hundesteuer für einen gefährlichen Hund z.B. in Potsdam 648 €, in Werder 240€, in Nauen 400€, in Neuruppin 500€ und in der Gemeinde Teltow 460€.
Ein Verstoß gegen die benannten Vorschriften kann gesondert im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahren mit einem Bußgeld geahndet werden (§ 14).
Fazit
Aus meiner Erfahrung heraus sollte man nicht zu leichtfertig in ein verwaltungsrechtliches Verfahren nach einem Hundebiss gehen. Bevor Sie sich zum Sachverhalt äußern, bestehen Sie darauf, dass Ihnen Akteneinsicht in die Verfahrensakte gewährt wird bzw. Sie Kopien des wesentlichen Akteninhalts erhalten. Werten Sie den Akteninhalt in Ruhe zu Hause aus und nehmen Sie dann erst zum Vorfall Stellung. Benennen Sie Zeugen, wenn es welche gibt und fordern Sie das Ordnungsamt auf diese ebenfalls anzuhören.
Sollten Sie sich unsicher im Verfahren sein, ist es ratsam frühzeitig eine/n Anwalt/Anwältin, welche/r auf diesem Gebiet tätig ist, zu kontaktieren.
Benötigen Sie Rechtsrat oder Vertretung nach einem Hundebiss können Sie sich auch gerne vertrauensvoll an mich wenden.
Rechtsanwältin Christine Frey (www.anwalt-berlin-frey.de)
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